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Erythrozyten – Superzelle des Körpers

Geschrieben am: 24.04.2025

Erythrozyten – die Superzelle des Körpers

Erythrozyten – auch bekannt als rote Blutkörperchen – spielen eine zentrale Rolle in unserem Körper. Sie sind für den Sauerstofftransport verantwortlich und beeinflussen viele medizinische Befunde. In diesem Beitrag erfährst du alles Wichtige über Aufbau, Funktion und mögliche Auffälligkeiten der Erythrozyten.

Das Wichtigste vorweg

  • Erythrozyten transportieren Sauerstoff – ihre Hauptaufgabe ist der Sauerstofftransport vom Herzen in alle Körperzellen über das in ihnen enthaltene Hämoglobin.
  • Sie geben Aufschluss über den Gesundheitszustand – Veränderungen in Anzahl, Größe oder Hämoglobingehalt können Hinweise auf Erkrankungen wie Anämie oder Polyglobulie liefern.
  • Zu wenige Erythrozyten führen zu einer verringerten Sauerstoffversorgung mit Symptomen wie Müdigkeit, Schwindel oder Kurzatmigkeit.
  • Zu viele Erythrozyten machen das Blut „dicker“, es fließt schlechter und das Risiko für Thrombosen oder andere Komplikationen erhöht sich.
  • Bei der Blutspende spielen Erythrozyten eine Schlüsselrolle – sie sind der zentrale Bestandteil von Blutkonserven, weil sie lebenswichtigen Sauerstoff transportieren und nach einer Spende gezielt ersetzt werden.

Was sind Erythrozyten?

Erythrozyten, auch bekannt als rote Blutkörperchen oder rote Blutzellen, sind die zellulären Elemente des menschlichen Blutes, die den roten Blutfarbstoff Hämoglobin enthalten. Die Erythrozyten machen 99 % aller Blutzellen aus. Der Begriff "Erythrozyt" stammt aus dem Altgriechischen von "erythrós" (ἐρυθρός - rot) und "kýtos" (κύτος - Zelle) – „rote Zellen“. Professor Bönig beschreibt die roten Blutkörperchen mit einem Augenzwinkern als die "Superzelle" und die "beste und liebenswerteste Zelle im ganzen Körper". Nachzuhören in unserem Podcast über Erythrozyten:

Bitte um die Podcastfolge zu sehen.

Unser Experte: Professor Halvard Bönig

Univ.-Prof. Dr. med. habil. Dr. med. Halvard B. Bönig-portrait-Mann

Professor Halvard Bönig ist Professor für Transfusionsmedizin am Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie der Goethe-Universität in Frankfurt. Als solcher ist er primär für Forschung auf dem Gebiet der Entwicklung von Zelltherapeutika sowie für die studentische Lehre im Fach Transfusionsmedizin zuständig. Er hat Medizin, Anglistik und Kunstgeschichte in Düsseldorf, London und Memphis studiert. 

Was sind Aufgaben und Funktionen der Erythrozyten?

  • Sauerstofftransport: Die wichtigste Funktion der Erythrozyten ist der Transport von Sauerstoff von der Lunge zu den verschiedenen Geweben und Organen des Körpers. Die Zellen im menschlichen Körper brauchen den Sauerstoff zur Zellatmung, das heißt um Nährstoffe zu verbrennen und dadurch Energie zu erzeugen. Bei der Zellatmung entsteht auch Kohlendioxid als Abfallprodukt. Dieses wird von den roten Blutkörperchen zur Lunge zurücktransportiert.
  • Einfluss auf die Fließeigenschaften des Blutes: Fast die Hälfte des Blutes besteht aus festen Bestandteilen. Die schnellsten roten Blutkörperchen schwimmen in der Mitte der Blutbahn, während kleinere Teilchen wie Blutplättchen an den Rand gedrückt werden. Dies ist wichtig, damit Blutplättchen Defekte in Blutgefäßen schneller erkennen und reparieren können. Ein Mangel an roten Blutkörperchen kann diese Funktion beeinträchtigen und das Risiko von Blutungen erhöhen.
  • Verformbarkeit und Passage enger Blutgefäße: Erythrozyten können sich im Gegensatz zu weißen Blutkörperchen nicht selbstständig bewegen, sondern schwimmen passiv im Blutstrom. Die spezielle bikonkave Form und die hohe Verformbarkeit der Erythrozyten ermöglichen es ihnen, sich durch Kapillaren zu quetschen, deren Durchmesser kleiner ist als ihr eigener.
  • Indikator für den Gesundheitszustand: Die Anzahl und die Beschaffenheit der Erythrozyten können im Rahmen eines Blutbildes bestimmt werden und geben Hinweise auf den Gesundheitszustand und mögliche Erkrankungen wie Anämie (zu wenige Erythrozyten) oder Polyglobulie (zu viele Erythrozyten). Veränderungen in Größe (MCV), Hämoglobingehalt (MCH) und Hämoglobinkonzentration (MCHC) der Erythrozyten können auf verschiedene Ursachen hindeuten, beispielsweise Eisenmangel, Vitaminmangel oder genetische Erkrankungen.
  • Bereitstellung von Hämoglobin für Sauerstoffbindung: Ungefähr ein Drittel der Masse eines roten Blutkörperchens besteht aus rotem Blutfarbstoff, dem Hämoglobin. Jedes Gramm Hämoglobin kann 1,34 ml Sauerstoff binden. In einem Liter Blut befinden sich etwa 150 g Hämoglobin, was die Bindung von etwa 200 ml Sauerstoff ermöglicht. Bei etwa 5 Litern Blut können so ungefähr 1 Liter Sauerstoff transportiert werden. Der Sauerstoff ist dabei direkt, aber reversibel an das Hämoglobin gebunden.

Feste Bestandteile des Blutes und ihre Aufgaben

Unser Blut lässt sich grob in feste und flüssige Bestandteile unterteilen. Der Anteil von festen Bestandteilen beträgt bei Männern ungefähr 47 % und bei Frauen ungefähr 43 %.

  • Rote Blutkörperchen (Erythrozyten): Sauerstofftransport, Beteiligung am Abtransport von Kohlenstoffdioxid
  • Blutplättchen (Thrombozyten): Blutstillung, Grundlage für die Wundheilung
  • Weiße Blutkörperchen (Leukozyten): weiter unterteilt u. a. in Granulozyten und Lymphozyten; dienen der Immunabwehr 

    Die flüssigen Bestandteile des Blutes bilden das Blutplasma. Weitere Informationen dazu in unserem Beitrag über die Blutbestandteile.

Welche Rolle spielen Erythrozyten bei der Blutspende?

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Erythrozyten spielen eine zentrale Rolle bei der Blutspende, da sie die Hauptbestandteile des Blutes bilden und damit für den Sauerstofftransport verantwortlich sind. Dies wird durch die in den gespendeten Erythrozyten enthaltene hohe Konzentration an Hämoglobin erreicht, das Sauerstoff bindet und transportiert. Einer der häufigsten Gründe für eine Bluttransfusion ist der Mangel an eben solchen Sauerstoffträgern. Mit einer sogenannten Bluttransfusion - oder anders formuliert einer Erythrozytenkonzentrat-Transfusion - wird der Mangel an roten Blutkörperchen ausgeglichen. Das Blut kann wieder normal Sauerstoff transportieren.

Vor jeder Blutspende wird der Hämoglobinwert gemessen. Das hat vor allem zwei Gründe:

  • Sicherheit des Spenders: Es wird sichergestellt, dass der Spender genügend rote Blutkörperchen und Hämoglobin besitzt und durch die Spende keine gesundheitlichen Risiken eingeht.
  • Qualität der Blutkonserve: Es wird überprüft, ob das gespendete Blut genügend roten Blutfarbstoff enthält, um beim Empfänger den gewünschten therapeutischen Effekt (Verbesserung des Sauerstofftransports) zu erzielen.

Häufig werden aus dem Vollblut Erythrozytenkonzentrate hergestellt, die dem Patienten gezielt zugeführt werden, um den Sauerstofftransport zu optimieren. 

Möchtest du deinen Hämoglobinwert erfahren und gleichzeitig Patienten in deiner Region mit deiner Spende unterstützen? Blutspendetermine in deiner Nähe findest du hier.

Warum wird die Anzahl der Erythrozyten im Blutbild bestimmt?

Die Anzahl der Erythrozyten wird im Rahmen eines Blutbildes bestimmt, weil sie wichtige Hinweise über den Gesundheitszustand und insbesondere die Sauerstoffversorgung des Körpers liefert. Die Messung der roten Blutkörperchen gehört zum sogenannten "kleinen Blutbild" und wird häufig routinemäßig durchgeführt.

Beurteilung der Sauerstofftransportkapazität: Die Anzahl der Erythrozyten gibt Auskunft darüber, ob der Körper ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden kann – denn rote Blutkörperchen transportieren Sauerstoff über das Hämoglobin.

  • Diagnostik von Erkrankungen: Abweichungen von den Normalwerten können auf eine Vielzahl von Erkrankungen hinweisen. Sowohl erniedrigte als auch erhöhte Erythrozytenzahlen können wichtige diagnostische Hinweise liefern.
  • Routineuntersuchungen: Die Messung erfolgt häufig im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen, vor Operationen oder bei unklaren Beschwerden wie Müdigkeit oder Schwäche.
  • Verlaufs- und Therapiekontrolle: Die Erythrozytenzahl wird genutzt, um den Verlauf von Krankheiten zu beobachten oder die Wirksamkeit einer Behandlung zu beurteilen.
  • Eignung zur Blutspende: Vor einer Blutspende wird der Hämoglobinwert gemessen, der eng mit der Erythrozytenanzahl zusammenhängt. Dies schützt sowohl Spender als auch Empfänger. Lies hier, was alles bei der Blutspende getestet wird.

Blutarmut (Anämie): Zu niedrige Werte an Erythrozyten

Bei zu niedrigen Erythrozytenwerten spricht man von einer Anämie oder Blutarmut. In diesem Fall enthält das Blut zu wenige rote Blutkörperchen, was die Sauerstoffversorgung von Organen und Gewebe beeinträchtigen kann.

Mögliche Ursachen einer Anämie 
Verminderte Blutbildung: 

  • Eisenmangel: Häufigste Ursache, da Eisen für die Hämoglobinbildung unerlässlich ist. Rund die Hälfte aller Anämien ist darauf zurückzuführen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure kann ebenfalls die Bildung von Erythrozyten stören.
  • Knochenmarkserkrankungen: Erkrankungen wie Leukämie oder aplastische Anämie beeinträchtigen die Blutbildung.
  • Chronische Erkrankungen: Zum Beispiel Nierenerkrankungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Tumorerkrankungen.
  • Angeborene Störungen: Genetisch bedingte Defekte können die Blutbildung dauerhaft beeinträchtigen.
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Erhöhter Blutverlust: 

  • Gesteigerter Abbau oder Zerfall der roten Blutkörperchen (Hämolyse): Eine hämolytische Anämie entsteht, wenn rote Blutzellen vermehrt abgebaut werden, beispielsweise durch künstliche Herzklappen oder bei Infektionskrankheiten wie Malaria. Auch genetische Defekte können zu einer Hämolyse führen, wie beispielsweise bei der Kugelzellenanämie, bei der die Erythrozyten eine verkürzte Lebensdauer haben.
  • Innere oder äußere Blutungen können zu einem Verlust von Erythrozyten und somit zu niedrigen Werten führen. Dies kann beispielsweise bei starken äußeren Blutungen, inneren Blutungen, starker Menstruationsblutung, nach einer Geburt oder nach Operationen der Fall sein.
  • Andere Erkrankungen: Bestimmte Infektionen können ebenfalls Anämien verursachen. Bei manchen Menschen produziert das Knochenmark funktionsunfähige rote Blutzellen (dysmorphe Erythrozyten), was zu ähnlichen Symptomen wie bei einer Anämie führen kann.

Symptome, die bei einer zu geringen Anzahl von Erythrozyten auftreten können, sind beispielsweise Müdigkeit, Schwindel und Leistungsschwäche. Leicht erniedrigte Werte müssen nicht krankhaft sein, sollten jedoch ärztlich abgeklärt werden. Die Therapie richtet sich nach der Ursache und kann eine Ernährungsumstellung, die Gabe von Eisen, Folsäure oder Vitamin B12 sowie – in schweren Fällen – eine Bluttransfusion oder EPO-Therapie umfassen.

Polyglobulie / Erythrozytose: Zu hohe Werte an Erythrozyten

Wenn zu hohe Werte von Erythrozyten gemessen werden, spricht man von Polyglobulie oder Erythrozytose. Dies bedeutet, dass sich zu viele rote Blutkörperchen im Blut befinden. Professor Bönig erwähnt im Podcast, dass zu viele rote Blutkörperchen dazu führen können, dass das Blut nicht mehr ordentlich fließt und sich wie Zahnpasta verhält.

Mögliche Ursachen für eine Polyglobulie:

  • Chronischer Sauerstoffmangel: Beispielsweise nach einem längeren Aufenthalt im Hochgebirge. Der Körper produziert dann mehr rote Blutkörperchen, um die Sauerstoffversorgung aufrechtzuerhalten. Auch verschiedene Lungen- und Herzerkrankungen sowie starkes Rauchen können zu einer erhöhten Erythrozytenzahl führen, da sie chronischen Sauerstoffmangel verursachen können.
  • Erkrankungen des Knochenmarks: Eine übermäßige Produktion von Erythrozyten kann durch Erkrankungen des Knochenmarks verursacht werden.
  • Wucherungen (Tumore): Diese können das Hormon Erythropoetin bilden, welches im Knochenmark die Bildung der Erythrozyten anregt.

FAQs

Der gesamte menschliche Körper enthält etwa 25 Billionen rote Blutkörperchen – das ist der mit Abstand häufigste Zelltyp im menschlichen Körper!

 

  • Ein Tropfen Blut (etwa 50 µl) enthält also schon 200–300 Millionen Erythrozyten.
  • In einem Milliliter Blut befinden sich etwa 4 bis 6 Milliarden rote Blutkörperchen.

 

Die genaue Zahl hängt vom Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand und Höhenlage ab:

 

Erythrozyten-Anzahl nach Personengruppe

Personengruppe Erythrozyten pro µl (Mikroliter) Hochgerechnet auf 1 ml (1.000 µl)
Männer ca. 4,7 – 6,1 Millionen/µl ca. 4,7 – 6,1 Milliarden/ml
Frauen ca. 4,2 – 5,4 Millionen/µl ca. 4,2 – 5,4 Milliarden/ml
Kinder ca. 4,1 – 5,5 Millionen/µl ca. 4,1 – 5,5 Milliarden/ml

Normalerweise bildet der Körper etwa 2 Millionen rote Blutkörperchen pro Sekunde neu. Nach einer Blutspende von 500 ml dauert es ungefähr 10 bis 14 Tage, bis der Erythrozytenbestand wieder ausgeglichen ist. Allerdings reagiert der Körper auf den Blutverlust: In den ersten 4 bis 5 Tagen nach der Spende steigt die Produktion des Hormons Erythropoetin (EPO) deutlich an. Dieses Hormon regt gezielt die Neubildung von Erythrozyten im Knochenmark an. Sobald der Bedarf gedeckt ist, sinkt der EPO-Spiegel wieder und die Anzahl roter Blutkörperchen normalisiert sich. Nach einer Blutspende oder dem Verlust von Blut erfolgt die Nachbildung der Erythrozyten also deutlich schneller.

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