Geschrieben am: 22.02.2022
Forschungsgruppe weist direkte Wirkung des Corona-Virus auf rote Blutkörperchen nach
Eine Forschungsgruppe von Dresdner Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost, des Universitätsklinikums Dresden (www.uniklinikum.de) und des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik (www.mpi-cbg.de) haben im Wissenschaftsportal SPRINGER NATURE einen weltweit bisher einzigartigen Forschungsbericht veröffentlicht, in dem sie eine direkte Wirkung des Corona-Virus auf den Eisenstoffwechsel in roten Blutkörperchen (Erythrozyten) nachweisen. Diese Erkenntnis könnte den Sauerstoffmangel bei schwer an Corona erkrankten Patienten erklären und neue Behandlungsansätze ermöglichen.
Dem Forschungsteam um Prof. Dr. med. Torsten Tonn, Medizinischer Geschäftsführer des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost und Lehrstuhlinhaber für Transfusionsmedizin an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, und Dr. Romy Kronstein-Wiedemann vom Institut für Transfusionsmedizin Dresden des DRK Blutspendedienstes, gelang erstmals der Nachweis, dass intensivmedizinisch behandelte COVID-19-Patienten Veränderungen in der Expression von Schlüsselenzymen, die am Eisen- und Hämoglobinstoffwechsel beteiligt sind, aufweisen. Die Untersuchung wurde in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik (Dr. Sofia Traikov), des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Virologie des Dresdner Universitätsklinikums (Dr. Marlena Stadtmüller) sowie in Kooperation mit der Heliosklinik Aue (Oberärztin Mandy Georgi) geführt.
Zum Inhalt des Forschungsprojektes
Erythrozyten transportieren frischen Sauerstoff von den Lungen in die Muskeln und Organe des Körpers. Hierzu verfügen Erythrozyten über ein Eisen Molekül (Hämoglobin), welches in der Lage ist, Sauerstoff in der Lunge zu binden und im Gewebe freizusetzen.
Im aktuellen Forschungsprojekt beobachteten die WissenschaftlerInnen bei Covid-19-Patienten Veränderungen die zu erhöhten Konzentrationen von Kohlendioxid- und auch Kohlenmonoxid-gebundenem Hämoglobin führten, was die Entstehung einer schweren Hypoxie bei COVID-19 begünstigt. Ihre Beobachtungen liefern zudem weitere Beweise dafür, dass Vorläuferzellen der Erythrozyten direkt von SARS-CoV-2 infiziert werden. Obwohl das Virus nicht in der Lage ist, sich in den Vorläuferzellen zu vermehren, führt allein die Infektion dazu, dass die Hämoglobinbildung bereits während der Reifung der roten Blutkörperchen negativ beeinflusst wird.
Eine weitere wichtige Erkenntnis des Forschungsprojektes bestätigt, dass es weiterhin keinerlei Hinweis gibt, dass Corona durch Blut oder Blutspenden übertragen werden könnte.
SARS-CoV-2 ist in der Lage, eine Vielzahl von Zelltypen zu infizieren. Ausschlaggebend dafür ist, ob die Zellen über den Rezeptor ACE2 verfügen, über den SARS-CoV-2 an die Zelle andockt. Versuche zur Virusreplikation werden im BSL3 Labor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Virologie von Dr. Marlena Stadtmüller durchgeführt. Vorläuferzellen der Erythrozyten haben ACE2, weshalb die Zellen infiziert werden können. Warum das Virus sich in diesen Zellen nicht vermehren kann, ist eine Frage, der die Forscher weiter nachgehen wollen.
Hier geht es zur Veröffentlichung des Forschungsprojekt bei SPRINGER NATURE
„Diese neuen Erkenntnisse zur Wirkung von Corona auf den Eisenstoffwechsel haben eine große klinische Bedeutung und könnten helfen, neue Therapien für schwer an COVID erkrankte Patienten und Patienten mit Spätfolgen (Long-COVID) zu entwickeln. Neben der bereits praktizierten Sauerstofftherapie könnten künftig auch Therapien zur Verbesserung der Eisenverfügbarkeit und möglicherweise auch Transfusionen von Erythrozyten gesunder Spender therapeutisch sinnvoll sein. Letzteres müssen aber klinische Studien erst noch zeigen."