Geschrieben am: 08.07.2024
Solidarität bedeutet, füreinander einzustehen und sich gegenseitig zu helfen. Dabei geht es nicht darum, selbst einen Vorteil zu bekommen. Ganz im Gegenteil: Die Rücksicht auf andere steht im Vordergrund und man unterstützt ohne eine direkte Gegenleistung.
Einzelne Menschen, bestimmte Gruppen und auch ganze Gesellschaften können solidarisch handeln. Ein Gefühl der Verbundenheit bildet dabei die Grundlage.
Woher kommt das Wort Solidarität?
Wo finden wir Solidarität?
Solidarität gibt es im großen und im kleinen Maßstab: Sie entsteht zum Beispiel zwischen Menschen, die sich sozial, emotional oder räumlich nah sind, zum Beispiel den Bewohner*innen eines Landes, in Städten und Dörfern oder in Familien. Auch unser Sozialstaat mit Rechten und Pflichten von Bürger*innen und das Gesundheitssystem in Deutschland basieren auf Solidarität.
Auch gemeinsame Interessen, Werte und Ziele in Form von Arbeitsbeziehungen, Gewerkschaften, Verbänden oder Glaubensgemeinschaften führen zu Solidarität. Im Christentum gibt es dafür auch den Ausdruck „Nächstenliebe“. Im Ehrenamt und Katastrophenschutz ist oft die Rede von „Kameradschaftlichkeit“. Solidarität selbst ist ein Wert und zugleich bedeutet solidarisch Handeln auch, für Werte wie zum Beispiel Gleichbehandlung einzutreten. Gelegenheiten für solidarisches Handeln gibt es täglich.
Solidarität ist eng mit einem Identitätsgefühl verknüpft. Menschen haben allgemein ein Bedürfnis nach Zugehörigkeit und schließen sich sozialen Gruppen an, die ihr Selbstbild prägen und mit denen sie positive Emotionen wie Freude und Stolz teilen. Gehörst du zur Gruppe der Blut spendenden Menschen? Dann kannst du ziemlich stolz auf dich sein.
Unsere Solidarität gebührt jedoch nicht nur den Menschen, die uns nahestehen, sondern vor allem den Menschen, die unsere Unterstützung dringend benötigen. Eine Blutspende erreicht vor allem Menschen, die besonders hilfsbedürftig sind, da sie beispielsweise schwer krank oder verletzt sind oder gegebenenfalls sogar um ihr Leben kämpfen.
Man muss die Person, der man hilft, nicht kennen
Eine kleine Begebenheit, die sich während der in Deutschland ausgetragenen Fußball Europameisterschaft 2024 ereignet hat, hat für viel internationale Sympathie gesorgt: Eine Gruppe deutscher Fußballfans hatte in Köln das Handy eines schottischen Fans gefunden und es bei der Polizei abgegeben. Die fünf haben zuvor noch ein Selfie mit dem gefundenen Handy gemacht – als freundlichen Gruß der ehrlichen Finder an den unbekannten Besitzer.
Auch die Blutspende ist ein wunderbares Beispiel für „Solidarität unter Fremden“: Zu keinem Zeitpunkt erfährt die Person, die eine Spende geleistet hat, wer ihre Blutspende empfangen hat. Auch die Übertragung erfolgt anonym. Wenn jemand eine sogenannte Bluttransfusion empfängt, erfährt diese Person ebenfalls nicht, von wem die Spende geleistet wurde. Das hat vor allem mit dem besonderen Schutz gesundheitsbezogener persönlicher Daten zu tun.
Die unentgeltliche Blutspende ist eine selbstlose Handlung. Diese besondere Solidarität entsteht aus einer humanitären Grundhaltung heraus und aus Mitgefühl gegenüber kranken und verletzten Menschen, was eine lange Tradition hat. Aber natürlich wollen wir uns auch alle darauf verlassen können, dass wir bestmöglich medizinisch versorgt werden, wenn wir selbst krank werden oder einen Unfall erleiden. Diesen Grundsatz der Menschlichkeit lebte schon der Gründer des Roten Kreuzes, Henry Dunant.
„Alle für einen und einer für alle“
Eine solidarische Grundhaltung macht die gegenseitige Unterstützung alltagstauglich und bindet Menschen stärker in die Gesellschaft ein. Eine Gesellschaft sichert sich so gegen unvorhersehbare Ereignisse ab und stabilisiert damit das gemeinsame Wohlbefinden besser als eine Ansammlung von Einzelnen, die nur auf sich achten, das je könnte. Solidarität schafft also eine Art Resilienz oder Widerstandskraft in der Gruppe, in der sie gelebt wird.
Der kurzfristige Verzicht auf Vorteile (z.B. Geld spenden) oder Hilfe für andere (z.B. ehrenamtliche Tätigkeit) ohne direkten Ausgleich (also z.B. unbezahlt) erfordert nicht zwingend eine „Gegenleistung“. Ein zukünftiges Hilfsangebot wird aber sehr viel wahrscheinlicher. Wenn du einer Freundin beim Umzug hilfst, hilft sie dir vielleicht beim nächsten Mal ebenfalls Kisten schleppen. Oder sie tut etwas anderes, lädt dich zum Essen ein, passt auf dein Kind auf oder bringt dir die Einkäufe, wenn du krank bist.
Wer anderen öfter mal einen Gefallen tut, wird auf lange Sicht also auch etwas zurückbekommen.
Wenn wir uns darauf verlassen können, dass andere uns helfen, entstehen Gefühle von Sicherheit, Vertrauen und Verbundenheit. Gegenseitige Fürsorge ist auch wichtig für unser psychisches Wohlbefinden: Um unsere mentale Gesundheit steht es besser, wenn wir stärker mit anderen verbunden sind.
Plötzlich auf Hilfe angewiesen
Selbstverständlich können auch die Menschen, die andere unterstützen, selbst einmal auf Hilfe angewiesen sein – und das oft schneller als man denkt.
Unsere „It’s a Match!“-Protagonistin Jana war zum Beispiel einige Zeit selbst Blutspenderin, bis sie durch eine Organ-Transplantation und eine Krebserkrankung auf Blutspenden angewiesen war – und nun nicht mehr spenden darf.
Unter anderem darum hat sie sich entschieden, ihre bewegende Geschichte mit der Öffentlichkeit zu teilen, und so andere von der Blutspende zu überzeugen.
Grenzen der Solidarität
Solidarisches Handeln wird leider schwieriger, je größer die Gruppe ist. Das liegt daran, dass jeder Mensch eigene Interessen hat und viele Menschen nicht bereit sind, Kompromisse zugunsten anderer zu machen. Auch die Kommunikation wird in großen Gruppen erschwert.
Egoismus, Individualismus und das Recht des Stärkeren können sich unter solchen Bedingungen durchsetzen. Deshalb ist solidarisches Handeln nicht immer selbstverständlich.
Wer sich immer und immer wieder für den Zusammenhalt entscheidet, hat verstanden, dass wir nur zusammen stark sein können.
„Nur eine solidarische Welt kann eine gerechte und friedvolle Welt sein.“
Solidarität schützt – nachweislich
Untersuchungen zeigen, dass Nachbarschaften, in denen sich die Menschen kennen und miteinander sprechen, besser durch belastende Situationen kommen. Ein gut aufgearbeitetes Beispiel ist die Hitzewelle, die 1995 Chicago erreichte: Bis zu 46 Grad Celsius erreichten die Temperaturen in der Stadt. Mehr als 700 Menschen starben – besonders Ältere, die allein gelebt hatten.
Der Soziologe Eric Klinenberg hat die Katastrophe untersucht: Er verglich zwei ähnliche, relativ arme Stadtteile, die unterschiedlich gut durch die Hitzewelle kamen. Im 1. Stadtteil zogen sich die Leute, vor allem Ältere, in ihre Häuser zurück, als die Hitze kam. Sie waren es nicht gewohnt, nach den Menschen zu sehen, die in den Häusern neben ihnen lebten und kannten ihre Nachbarn nicht gut. In diesem Stadtteil kamen relativ viele Menschen ums Leben.
Im 2. Stadtteil war die Überlebensrate hingegen deutlich höher, höher sogar als in vielen deutlich reicheren Stadtvierteln: Hier gab es eine belebte soziale Infrastruktur aus Restaurants, Kirchen und Vereinen. Man kannte sich in der Nachbarschaft und achtete aufeinander, auch in der Hitzewelle. Nachzulesen ist die Geschichte in seinem Buch „Heat Wave – A Social Autopsy of Disaster in Chicago“.
Im Katastrophenschutz werden darum vor allem Haushalte und Nachbarschaften angesprochen, wenn es um Resilienz geht. Sich gegenseitig grüßen, ein Auge auf ältere Menschen und Kinder haben, hin und wieder Hilfe anbieten, wenn zum Beispiel jemand etwas Schweres trägt, das alles kann helfen, eine solide, widerstandsfähige Gemeinschaft zu bilden und besser durch den nächsten Stromausfall zu kommen.
Bei der Blutspende sehen wir ein gewisses „Land-Stadt-Gefälle“: Die Anonymität der Großstadt sorgt wohl für eine geringere Spendebereitschaft. In ländlich geprägten Gebieten, in denen sich die Menschen eher persönlich kennen, liegt der Anteil derjenigen, die Blut spenden, oft höher. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass das "Füreinander-Einstehen" unter Nachbarn, die sich kennen, einfach einen höheren Stellenwert hat.
Empathie oder Einfühlungsvermögen beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft, die Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden.
Danke für deine Blutspende!
Letztendlich ist Solidarität für uns alle überlebenswichtig: Menschen, die regelmäßig, freiwillig und unentgeltlich Blut spenden, sind ganz klar stille Heldinnen und Helden des Alltags. Dafür gebührt ihnen unser Dank und unsere Hochachtung, denn sie retten gemeinsam zehntausende Menschenleben.
Dieser selbstlose Einsatz ist von unermesslichem Wert für das gesamte Gesundheitssystem. Blutspenden sind für viele Behandlungen wie Krebstherapien und schwere Operationen unverzichtbar und entscheiden oftmals über Leben und Tod.
Wir möchten an dieser Stelle DANKE sagen an alle Spenderinnen und Spender: Dieses selbstlose Engagement sichert an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr die Versorgung von kranken und schwerverletzten Mitmenschen.
Also: Vielen Dank für deine solidarische Haltung, die anderen das Leben rettet.
Ohne dich geht es nicht
Damit die Versorgung mit lebensrettenden Blutpräparaten lückenlos aufrechterhalten werden kann, brauchen wir auch jetzt Blutspenden aller Blutgruppen.