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Neue Blutgruppe MAL: Was bedeutet das?

Geschrieben am: 31.10.2024

Als DRK-Blutspendedienste beschäftigen wir uns jeden Tag mit Blut- und den unterschiedlichen Blutgruppen. Daher interessieren wir uns auch ganz besonders für alle neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich der Blutgruppen. 

MAL - Was wurde entdeckt?

Im September 2024 konnten wir die aufregenden Schlagzeilen lesen: „Neue Blutgruppe entdeckt!“ und „Jahrelanges Rätsel um Blutgruppe gelöst…“ Doch, was ist eigentlich genau passiert? Wenn ein medizinischer Durchbruch gelingt, ist dies immer erstmal ein Grund zur Freude, besonders wenn dies eine seltene Blutgruppe betrifft. 

Was war die Ausgangssituation?
Ein bisher noch unbekanntes Antigen stellte Forschende jahrzehntelang vor ein Rätsel. Eine Gruppe Forschender vom International Blood Group Reference Laboratory des NHS Blood and Transplant Service in Bristol hat ein neues Blutgruppensystem entdeckt, das nun dieses Rätsel gelöst hat. 
 Die Forschenden aus Großbritannien nennen dieses neue Blutgruppensystem MAL. Der Name leitet sich ab vom englischen "Myelin and lymphocyte protein", zu deutsch: Myelin- und Lymphozytenprotein ab. 
Ganz neu ist die Entdeckung tatsächlich gar nicht, denn das untersuchte Antigen AnWj stellte Forschende bereits seit etwa fünfzig Jahren vor Rätsel. Es befindet sich auf der Oberfläche roter Blutkörperchen und ist seit 1972 bekannt. Allerdings war sein genetischer Hintergrund bisher unbekannt. 1991 stießen Forschende zum ersten Mal auf Menschen, die das Antigen nicht besaßen. Es handelte sich hierbei um Mitglieder einer Familie. 
 

Zuerst einmal: Was ist eigentlich ein Antigen?
Antigene sind Fremdkörpersubstanzen, die eine spezifische Immunantwort auslösen, an die sich Antikörper oder gewisse Lymphozyten-Rezeptoren binden können. 
Kurzum: Antigene ermöglichen es unserem Körper, wenn diese in Kontakt mit B-Zellen kommen, Antikörper zu bilden. Antikörper spielen eine große Rolle für die Transfusionsmedizin bei der Blutgruppenverträglichkeit. 

Das Rätsel um Antigen AnWj

Das AnWj Antigen ist ein Zelloberflächenrezeptor, der auf einigen menschlichen roten Blutkörperchen zu finden ist. Einige Zeit lang war das AnWj Antigen als Anton-Blutgruppenantigen bekannt. Im Jahr 1985 wurde festgestellt, dass dieses Antigen mit einem anderen Antigen namens Wj identisch ist, so dass es gewöhnlich als AnWj bezeichnet wird.
1991 zeigte eine Studie an einer Familie mit diesem Merkmal, dass der Phänotyp tatsächlich unabhängig von anderen menschlichen Blutgruppensystemen vererbt wird. Während das Antigen zwar seit einigen Jahrzehnten bekannt war, war bisher unklar von welchem Molekül es gebildet wird. Dank moderner Technologie ist es 2024 gelungen, das blutgruppentragende Molekül zu identifizieren. Für das Antigen AnWj ist das MAL-Protein als Träger hinzugekommen. 
Lange Zeit war nicht klar, ob das Molekül überhaupt gefunden werden konnte, weshalb es umso erfreulicher ist, dass dies nun gelungen ist. 

Was bedeutet das für die Blutspende?

Was diese neue Erkenntnis nun aber für die Forschung und unsere DRK-Blutspendedienste bedeutet, haben wir mit unserem Wissenschaftler, Dr. Christof Weinstock, in unserem Podcast "500 Milliliter Leben" besprochen. 

Dr. Weinstock ist Abteilungsleiter Immunhämatologie und Blutgruppenserologie am Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm (IKT) und ist zudem auch Koordinator der Arbeitsgruppe "Seltene Blutgruppen" der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) für die drei deutschsprachigen Länder. 

Dr. Weinstock verriet uns, dass sich für die Blutspenderinnen und Blutspender erstmal nichts ändern wird. Fast alle Menschen besitzen das Antigen AnWj. Es sind eher diejenigen Menschen, die es nicht besitzen, für die die Erkenntnis spannend wird, denn davon gibt es deutlich weniger. Dies sind gute Nachrichten in der Transfusionsmedizin. Dadurch, dass nun das blutgruppentragende Molekül gefunden wurde, kann man jetzt spezifische Tests zur Testung auf das Antigen durchführen und somit ggf. schneller potentielle Spender*innen finden, die kein AnWj Antigen aufweisen. Dr. Weinstock verriet uns auch, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit der neuen Entdeckung einen deutlichen Schritt weitergekommen sind, das Rätsel um AnWj allerdings noch nicht vollständig gelöst sei. Denn das Antigen gibt weiterhin Rätsel auf: Zum Beispiel kann das AnWj Antigen bei Erkrankungen verschwinden. Welche Rätsel das Antigen außerdem aufgibt, erfahrt ihr in unserer aktuellen Podcast-Folge. 

Jetzt reinhören

Bitte um die Podcastfolge zu sehen.
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Greta Zicari DRK-Blutspendedienst
Greta

Wenn Greta nicht für das Magazin schreibt, findet ihr sie vermutlich draußen in der Sonne.

Referentin für digitale Kommunikation und Social Media beim DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg Hessen, Standort Frankfurt